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Am häufigsten wird der Singular benutzt, um einzelne Exemplare von Lebewesen oder Sachlichem zu bezeichnen; die [[Plural]]form bezeichnet in diesen Fällen zwei oder mehr Exemplare (in manchen Sprachen gibt es weitere Zahlformen) | |||
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Ein [[Singularetantum]] ist ein [[Substantiv]], das nur im Singular vorhanden ist ''(der Regen, das Obst)'' – ein [[Pluraletantum]] liegt nur im Plural vor ''(die Leute, die Kosten)'' | Ein [[Singularetantum]] ist ein [[Substantiv]], das nur im Singular vorhanden ist ''(der Regen, das Obst)'' – ein [[Pluraletantum]] liegt nur im Plural vor ''(die Leute, die Kosten)'' | ||
Manchmal steht ein [[Verb]] im Singular, obwohl das [[Subjekt (Grammatik)|Subjekt]] eigentlich den Plural verlangt, eine [[Constructio ad sensum|Konstruktion nach dem Sinn]]: ''Wind und Wetter kann uns nichts anhaben'' | Manchmal steht ein [[Verb]] im Singular, obwohl das [[Subjekt (Grammatik)|Subjekt]] eigentlich den Plural verlangt, eine [[Constructio ad sensum|Konstruktion nach dem Sinn]]: ''Wind und Wetter kann uns nichts anhaben'' | ||
Einige [[Indefinitpronomen]] stehen im Singular, haben aber immer eine plurale Bedeutung ([[Semantik]]) | Einige [[Indefinitpronomen]] stehen im Singular, haben aber immer eine plurale Bedeutung ([[Semantik]]) | ||
* ''Jeder will dabei sein, jede macht mit, jedes Kind kann das.'' – alle sind gemeint | * ''Jeder will dabei sein, jede macht mit, jedes Kind kann das.'' – alle sind gemeint | ||
* ''Manches Auto ist elektrisch.'' – mehrere sind gemeint | * ''Manches Auto ist elektrisch.'' – mehrere sind gemeint | ||
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Das [[Generalisierendes Personalpronomen|generalisierende Personalpronomen]] ''man'' steht immer im Singular, hat aber die verallgemeinernde Bedeutung „die Menschen“ oder „die Leute“: ''Im Dorf kennt man sich.'' | Das [[Generalisierendes Personalpronomen|generalisierende Personalpronomen]] ''man'' steht immer im Singular, hat aber die verallgemeinernde Bedeutung „die Menschen“ oder „die Leute“: ''Im Dorf kennt man sich.'' | ||
== Verallgemeinernde Verwendung | == Verallgemeinernde Verwendung == | ||
; Verallgemeinernde Verwendung des Singulars | |||
Der [[Klassische Philologie|Altphilologe]] [[Hermann Menge]] (1841–1939) nannte als besondere Verwendungsweisen der Einzahl den [[#Kollektivsingular|kollektiven]], den [[#Generischer Singular|generischen]] und den [[#Repräsentativer Singular|repräsentativen]] Singular | |||
=== Kollektivsingular === | === Kollektivsingular === | ||
Als ''Kollektivsingular'' wird ein Sammelbegriff ([[Kollektivum]]) bezeichnet, der in der grammatischen Einzahl steht, obwohl er auch als Mehrzahl ([[Plural]]) vorhanden ist | |||
Nach [[#Menge|Menge]] bezieht sich der „kollektive Singular“ als Kollektivum ''(Singulare pro plurali)'' auf eine Mehrheit von Einzeldingen | |||
* ''Fisch ist eine bekömmliche Proteinquelle.'' – nicht „ein Fisch“, sondern die Gattung ist gemeint | |||
* ''Die Person hat schütteres Haar.'' – die Gesamtheit der Kopfhaare ist gemeint | |||
Der Kollektivsingular ''[[Geist]]'' wurde erst ab dem Jahr 1800 durch den [[Deutscher Idealismus|deutschen Idealismus]] innerhalb des deutschsprachigen Diskurses bekannt (gegenüber ''ein Geist'' und ''die Geister'') | |||
Der | Der Historiker [[Reinhart Koselleck]] sieht 2006 im Wort ''[[Fortschritt]]'' einen positiv [[Konnotation|konnotierten]] Kollektivsingular: Die [[Substantivierung]] von ''fortschreiten'' bezieht sich nicht mehr darauf, dass irgendetwas vorankommt, sondern fasst viele einzelne Erfahrungen der Verbesserung menschlicher Lebensumstände zusammen (gegenüber ''ein Fortschritt'' und ''die Fortschritte'') | ||
[[Bernd Hüppauf]] vermerkt 2013 zum Kollektivsingular ''[[Krieg]]'', dass er als „genereller [[Begriff]] vom Krieg“ erst um 1800 herum entstand; ältere Enzyklopädien behandelten unter dem Eintrag „Krieg“ nur einzelne Kriege oder spezifische Fragen der [[Kriegsführung]] | |||
Den Unterschied zwischen ''kollektivem'' und ''generischem'' Singular verdeutlichen zwei Sätze mit derselben Aussage | |||
Den Unterschied zwischen ''kollektivem'' und ''generischem'' Singular verdeutlichen zwei Sätze mit derselben Aussage | |||
* kollektiv: ''Krieg [an sich] erzeugt Leid.'' | * kollektiv: ''Krieg [an sich] erzeugt Leid.'' | ||
* generisch: ''Ein Krieg [im Allgemeinen] erzeugt Leid. Jeder Krieg erzeugt Leid'' | * generisch: ''Ein Krieg [im Allgemeinen] erzeugt Leid. Jeder Krieg erzeugt Leid'' | ||
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=== Generischer Singular === | === Generischer Singular === | ||
Nach [[#Menge|Menge]] kommt der „generalisierende“ oder „[[Generisch (Linguistik)|generische]] Singular“ nur bei [[Gattungsname]]n vor und bezieht sich auf die gesamte Gattung | Nach [[#Menge|Menge]] kommt der „generalisierende“ oder „[[Generisch (Linguistik)|generische]] Singular“ nur bei [[Gattungsname]]n vor und bezieht sich auf die gesamte Gattung | ||
* '' | * ''Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen ([[Liste lateinischer Phrasen/L#Homo homini lupus|Homo homini lupus]]).'' – alle Menschen verhalten sich zueinander in wölfischer Art | ||
* '' | * ''Der Leser wird informiert.'' – alle Menschen, die den Text lesen, nicht nur „einer“ und nicht nur ein männlicher | ||
In Bezug auf Personen wird meist eine [[Generisches Maskulinum|generische Maskulinform]] gebraucht (''der Leser'' gegenüber der Femininform ''die Leserin'') | In Bezug auf Personen wird meist eine [[Generisches Maskulinum|generische Maskulinform]] gebraucht (''der Leser'' gegenüber der Femininform ''die Leserin'') | ||
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Die [[Duden#Duden in zwölf Bänden (2017)|Duden]]-Grammatik von 2016 behandelt den „generischen Gebrauch“ des Singulars im Abschnitt ''Generalisierungen (Verallgemeinerungen);'' dabei kann sowohl der bestimmte wie auch der unbestimmte [[Artikel (Wortart)|Artikel]] eingesetzt werden oder bestimmte Artikelwörter | Die [[Duden#Duden in zwölf Bänden (2017)|Duden]]-Grammatik von 2016 behandelt den „generischen Gebrauch“ des Singulars im Abschnitt ''Generalisierungen (Verallgemeinerungen);'' dabei kann sowohl der bestimmte wie auch der unbestimmte [[Artikel (Wortart)|Artikel]] eingesetzt werden oder bestimmte Artikelwörter | ||
* ''Im Allgemeinen braucht | * ''Im Allgemeinen braucht die Katze verschiedenes Futter. Eine Katze schmust (immer) gern. Jede Katze braucht Zuwendung.'' | ||
Zum einzigen Beispiel in Bezug auf Personen merkt die Duden-Grammatik an: „Bei Volksbezeichnungen wird der generische Singular heute eher vermieden: ''Der Russe liebt es eben kalt. […]''“ | Zum einzigen Beispiel in Bezug auf Personen merkt die Duden-Grammatik an: „Bei Volksbezeichnungen wird der generische Singular heute eher vermieden: ''Der Russe liebt es eben kalt. […]''“ | ||
=== Repräsentativer Singular === | === Repräsentativer Singular === | ||
Der Altphilologe [[#Menge|Menge]] merkt an, dass zwischen dem ''[[#Generischer Singular|generischen]]'' und dem ''repräsentativen'' Singular ein fließender Übergang besteht; der ''repräsentative'' verwendet die Einzahl eines [[Gattungsname]]ns stellvertretend für mehrere Vertreter, aber nicht für alle | |||
Der Altphilologe [[#Menge|Menge]] merkt an, dass zwischen dem ''[[#Generischer Singular|generischen]]'' und dem ''repräsentativen'' Singular ein fließender Übergang besteht; der ''repräsentative'' verwendet die Einzahl eines [[Gattungsname]]ns stellvertretend für mehrere Vertreter, aber nicht für alle | * ''Der Römer konnte schließlich den Griechen überwinden und ihn seiner Kultur berauben.'' | ||
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Aktuelle Version vom 24. August 2024, 08:44 Uhr
Singular - Grammatische Einzahl
Beschreibung
Der Singular (von [numerus] singularis „Einzahl“, abgeleitet von singulus „einzeln“), kurz Sing. oder Sg., ist die sprachwissenschaftliche Bezeichnung für die Einzahl, dem grundlegenden grammatischen Numerus (Zahlform)
Am häufigsten wird der Singular benutzt, um einzelne Exemplare von Lebewesen oder Sachlichem zu bezeichnen; die Pluralform bezeichnet in diesen Fällen zwei oder mehr Exemplare (in manchen Sprachen gibt es weitere Zahlformen)
Besondere Fälle
Ein Singularetantum ist ein Substantiv, das nur im Singular vorhanden ist (der Regen, das Obst) – ein Pluraletantum liegt nur im Plural vor (die Leute, die Kosten)
Manchmal steht ein Verb im Singular, obwohl das Subjekt eigentlich den Plural verlangt, eine Konstruktion nach dem Sinn: Wind und Wetter kann uns nichts anhaben
Einige Indefinitpronomen stehen im Singular, haben aber immer eine plurale Bedeutung (Semantik)
- Jeder will dabei sein, jede macht mit, jedes Kind kann das. – alle sind gemeint
- Manches Auto ist elektrisch. – mehrere sind gemeint
Das generalisierende Personalpronomen man steht immer im Singular, hat aber die verallgemeinernde Bedeutung „die Menschen“ oder „die Leute“: Im Dorf kennt man sich.
Verallgemeinernde Verwendung
- Verallgemeinernde Verwendung des Singulars
Der Altphilologe Hermann Menge (1841–1939) nannte als besondere Verwendungsweisen der Einzahl den kollektiven, den generischen und den repräsentativen Singular
Kollektivsingular
Als Kollektivsingular wird ein Sammelbegriff (Kollektivum) bezeichnet, der in der grammatischen Einzahl steht, obwohl er auch als Mehrzahl (Plural) vorhanden ist
Nach Menge bezieht sich der „kollektive Singular“ als Kollektivum (Singulare pro plurali) auf eine Mehrheit von Einzeldingen
- Fisch ist eine bekömmliche Proteinquelle. – nicht „ein Fisch“, sondern die Gattung ist gemeint
- Die Person hat schütteres Haar. – die Gesamtheit der Kopfhaare ist gemeint
Der Kollektivsingular Geist wurde erst ab dem Jahr 1800 durch den deutschen Idealismus innerhalb des deutschsprachigen Diskurses bekannt (gegenüber ein Geist und die Geister)
Der Historiker Reinhart Koselleck sieht 2006 im Wort Fortschritt einen positiv konnotierten Kollektivsingular: Die Substantivierung von fortschreiten bezieht sich nicht mehr darauf, dass irgendetwas vorankommt, sondern fasst viele einzelne Erfahrungen der Verbesserung menschlicher Lebensumstände zusammen (gegenüber ein Fortschritt und die Fortschritte)
Bernd Hüppauf vermerkt 2013 zum Kollektivsingular Krieg, dass er als „genereller Begriff vom Krieg“ erst um 1800 herum entstand; ältere Enzyklopädien behandelten unter dem Eintrag „Krieg“ nur einzelne Kriege oder spezifische Fragen der Kriegsführung
Den Unterschied zwischen kollektivem und generischem Singular verdeutlichen zwei Sätze mit derselben Aussage
- kollektiv: Krieg [an sich] erzeugt Leid.
- generisch: Ein Krieg [im Allgemeinen] erzeugt Leid. Jeder Krieg erzeugt Leid
Generischer Singular
Nach Menge kommt der „generalisierende“ oder „generische Singular“ nur bei Gattungsnamen vor und bezieht sich auf die gesamte Gattung
- Ein Wolf ist der Mensch dem Menschen (Homo homini lupus). – alle Menschen verhalten sich zueinander in wölfischer Art
- Der Leser wird informiert. – alle Menschen, die den Text lesen, nicht nur „einer“ und nicht nur ein männlicher
In Bezug auf Personen wird meist eine generische Maskulinform gebraucht (der Leser gegenüber der Femininform die Leserin)
Die Duden-Grammatik von 2016 behandelt den „generischen Gebrauch“ des Singulars im Abschnitt Generalisierungen (Verallgemeinerungen); dabei kann sowohl der bestimmte wie auch der unbestimmte Artikel eingesetzt werden oder bestimmte Artikelwörter
- Im Allgemeinen braucht die Katze verschiedenes Futter. Eine Katze schmust (immer) gern. Jede Katze braucht Zuwendung.
Zum einzigen Beispiel in Bezug auf Personen merkt die Duden-Grammatik an: „Bei Volksbezeichnungen wird der generische Singular heute eher vermieden: Der Russe liebt es eben kalt. […]“
Repräsentativer Singular
Der Altphilologe Menge merkt an, dass zwischen dem generischen und dem repräsentativen Singular ein fließender Übergang besteht; der repräsentative verwendet die Einzahl eines Gattungsnamens stellvertretend für mehrere Vertreter, aber nicht für alle
- Der Römer konnte schließlich den Griechen überwinden und ihn seiner Kultur berauben.
- Der Soldat war die Stütze des römischen Reiches.