Industriestandard: Unterschied zwischen den Versionen

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Ein '''Industriestandard''' oder – vor allem im [[Englische Sprache|englischen Sprachraum]] – '''[[de jure/de facto|De-facto]]-Standard''', seltener auch '''Quasistandard''', ist ein [[Technik|technischer]] [[Standard]], der nicht durch ein [[Normung|Normengremium]] verabschiedet, sondern von Industrieunternehmen definiert wurde.
Ein '''Industriestandard''' oder – vor allem im [[Englische Sprache|englischen Sprachraum]] – '''[[de jure/de facto|De-facto]]-Standard''', seltener auch '''Quasistandard''', ist ein [[Technik|technischer]] [[Standard]], der nicht durch ein [[Normung|Normengremium]] verabschiedet, sondern von Industrieunternehmen definiert wurde


Ein Industriestandard kann sich im Laufe der Jahre durch die Praxis vieler Anwender und verschiedener Hersteller als technisch nützlich und sinnvoll herausbilden. In der Regel gelingt es nicht, solche Industriestandards von vornherein festzulegen, wie beispielsweise beim [[Global System for Mobile Communications|GSM]]-Standard des [[Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen|ETSI]].
Ein Industriestandard kann sich im Laufe der Jahre durch die Praxis vieler Anwender und verschiedener Hersteller als technisch nützlich und sinnvoll herausbilden
* In der Regel gelingt es nicht, solche Industriestandards von vornherein festzulegen, wie beispielsweise beim [[Global System for Mobile Communications|GSM]]-Standard des [[Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen|ETSI]]


Die wirtschaftliche Zielsetzung eines Industriestandards ist es, bei einer gegebenen Problemstellung ein bestimmtes [[pragmatisch]]es Regelwerk einzuhalten.<ref>Andreas Franz: ''[https://books.google.de/books?id=gNbNzaGf_AAC&pg=PA12&hl=de Management von Business Webs]'', [[Gabler Verlag|Gabler]], 2003, ISBN 3-8244-7833-1. Darin: „Grundlage von Standards sind meist von Unternehmen entwickelte [[Klassifikation|Typen]]. Diese werden dann von anderen Unternehmen übernommen.
Die wirtschaftliche Zielsetzung eines Industriestandards ist es, bei einer gegebenen Problemstellung ein bestimmtes [[pragmatisch]]es Regelwerk einzuhalten. Sobald eine „[[Netzwerkeffekt|kritische Masse]]“ überschritten wurde, beschleunigt sich die [[Akzeptanz]] noch stärker
* Ein (inter)nationales [[Normung]]sverfahren wie bei [[:Kategorie:Norm|Normen]] bzw. [[de jure/de facto|De-jure]]-Standards muss nicht zwingend durchgeführt werden.
Eine Eigenschaft eines Industriestandards ist, dass die Festlegung und Weiterentwicklung noch mehr als bei [[Normung|Normen]] im Allgemeinen von wirtschaftlichen Interessen und Patenten der in diesem Prozess eingebundenen Unternehmen oder Interessensverbänden gesteuert wird
* Das lässt sich am Beispiel [[Disk Operating System|DOS]] zeigen: DOS galt als ein Industriestandard für PC-[[Betriebssystem]]e; es gab jedoch zur gleichen Zeit verschiedene Ausprägungen des Systems (PC-DOS, MS-DOS, DR-DOS), die untereinander nicht vollständig kompatibel waren


Man spricht auch von Industriestandards oder de-facto Standards.“</ref> Sobald eine „[[Netzwerkeffekt|kritische Masse]]“ überschritten wurde, beschleunigt sich die [[Akzeptanz]] noch stärker. Ein (inter)nationales [[Normung]]sverfahren wie bei [[:Kategorie:Norm|Normen]] bzw. [[de jure/de facto|De-jure]]-Standards muss nicht zwingend durchgeführt werden.<ref>Petra Demharter: ''[https://books.google.de/books?id=pkiLqhrCHaoC&pg=PA21&hl=de Koordination überbetrieblicher Geschäftsprozesse auf Basis von E-Business-Frameworks]'', [[GRIN Verlag|GRIN]], 2007, ISBN 3-638-84237-1. Darin: „Bezüglich Entstehung lassen sich Standards in ''Normen'' bzw. ''[[de jure/de facto|De-jure]]-Standards'' und ''Industriestandards'' bzw. ''De-facto-Standards'' einteilen.“</ref>
Ein Industriestandard kann von einzelnen [[Unternehmen]] gezielt forciert und durch die Marktmacht des Unternehmens durchgesetzt oder durch Absprachen mehrerer Unternehmen geschaffen werden
 
* Ziel kann es sein, konkurrierende Standards vom Markt zu verdrängen und sich damit eine Monopolstellung zu verschaffen (z.&nbsp;B.&nbsp;auf Basis eines patentierten, weit verbreiteten Produkts; sog. „produktbasierter Industriestandard“)
Eine Eigenschaft eines Industriestandards ist, dass die Festlegung und Weiterentwicklung noch mehr als bei [[Normung|Normen]] im Allgemeinen von wirtschaftlichen Interessen und Patenten der in diesem Prozess eingebundenen Unternehmen oder Interessensverbänden gesteuert wird. Das lässt sich am Beispiel [[Disk Operating System|DOS]] zeigen: DOS galt als ein Industriestandard für PC-[[Betriebssystem]]e; es gab jedoch zur gleichen Zeit verschiedene Ausprägungen des Systems (PC-DOS, MS-DOS, DR-DOS), die untereinander nicht vollständig kompatibel waren.
* Es kann aber auch darum gehen, mehrere wichtige Akteure von Beginn einer Entwicklung an zur Nutzung desselben Standards zu motivieren, um Entwicklung- und Vertriebsrisiken für die einzelnen Unternehmen durch Erreichung einer kritischen Masse von Anwendern zu minimieren und untereinander kompatibel zu bleiben
 
* Ein Beispiel für das letztere Verfahren ist das [[Ethernet]]: Die Ethernet-Spezifikation wurde von drei Unternehmen ([[Digital Equipment Corporation|DEC]], [[Intel]], [[Xerox]]) abgesprochen
Ein Industriestandard kann von einzelnen [[Unternehmen]] gezielt forciert und durch die Marktmacht des Unternehmens durchgesetzt oder durch Absprachen mehrerer Unternehmen geschaffen werden. Ziel kann es sein, konkurrierende Standards vom Markt zu verdrängen und sich damit eine Monopolstellung zu verschaffen (z.&nbsp;B. auf Basis eines patentierten, weit verbreiteten Produkts; sog. „produktbasierter Industriestandard“). Es kann aber auch darum gehen, mehrere wichtige Akteure von Beginn einer Entwicklung an zur Nutzung desselben Standards zu motivieren, um Entwicklung- und Vertriebsrisiken für die einzelnen Unternehmen durch Erreichung einer kritischen Masse von Anwendern zu minimieren und untereinander kompatibel zu bleiben. Ein Beispiel für das letztere Verfahren ist das [[Ethernet]]: Die Ethernet-Spezifikation wurde von drei Unternehmen ([[Digital Equipment Corporation|DEC]], [[Intel]], [[Xerox]]) abgesprochen. Nachträglich können Industriestandards von Normenorganisationen als Gremienstandards fixiert werden und dadurch eine erhöhte Verbindlichkeit erhalten. So wurde das Ethernet später von [[Institute of Electrical and Electronics Engineers|IEEE]] und [[Internationale Organisation für Normung|ISO]] zum internationalen Standard erklärt.
* Nachträglich können Industriestandards von Normenorganisationen als Gremienstandards fixiert werden und dadurch eine erhöhte Verbindlichkeit erhalten
* So wurde das Ethernet später von [[Institute of Electrical and Electronics Engineers|IEEE]] und [[Internationale Organisation für Normung|ISO]] zum internationalen Standard erklärt


Einige bekannte Beispiele für Industriestandards sind:
Einige bekannte Beispiele für Industriestandards sind:
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* [[Deflate]] als Algorithmus zur verlustlosen Datenkompression sowie die Dateiformate [[ZIP-Dateiformat|ZIP]] und [[gzip]], die auf Deflate basieren
* [[Deflate]] als Algorithmus zur verlustlosen Datenkompression sowie die Dateiformate [[ZIP-Dateiformat|ZIP]] und [[gzip]], die auf Deflate basieren
* [[Drawing Interchange Format]] (DXF) als Austauschformat für Vektorgrafiken
* [[Drawing Interchange Format]] (DXF) als Austauschformat für Vektorgrafiken
* [[PDF]] für elektronische Dokumente, die Version 1.7 ist [[ISO]]-Standard ISO 32000-1  
* [[PDF]] für elektronische Dokumente, die Version 1.7 ist [[ISO]]-Standard ISO 32000-1
* [[IBM Personal Computer|IBM-PC]] als Vorlage für [[IBM-PC-kompatibler Computer|IBM-PC-kompatible Computer]]
* [[IBM Personal Computer|IBM-PC]] als Vorlage für [[IBM-PC-kompatibler Computer|IBM-PC-kompatible Computer]]
* [[RSS (Web-Feed)|RSS]] Version 2.0 zur Nachrichtenübermittlung von und zwischen Websites
* [[RSS (Web-Feed)|RSS]] Version 2.0 zur Nachrichtenübermittlung von und zwischen Websites
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== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Best Current Practice]]
* [[Best Current Practice]]
== Einzelnachweise ==
<references />


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Aktuelle Version vom 13. April 2024, 14:02 Uhr

Ein Industriestandard oder – vor allem im englischen SprachraumDe-facto-Standard, seltener auch Quasistandard, ist ein technischer Standard, der nicht durch ein Normengremium verabschiedet, sondern von Industrieunternehmen definiert wurde

Ein Industriestandard kann sich im Laufe der Jahre durch die Praxis vieler Anwender und verschiedener Hersteller als technisch nützlich und sinnvoll herausbilden

  • In der Regel gelingt es nicht, solche Industriestandards von vornherein festzulegen, wie beispielsweise beim GSM-Standard des ETSI

Die wirtschaftliche Zielsetzung eines Industriestandards ist es, bei einer gegebenen Problemstellung ein bestimmtes pragmatisches Regelwerk einzuhalten. Sobald eine „kritische Masse“ überschritten wurde, beschleunigt sich die Akzeptanz noch stärker

Eine Eigenschaft eines Industriestandards ist, dass die Festlegung und Weiterentwicklung noch mehr als bei Normen im Allgemeinen von wirtschaftlichen Interessen und Patenten der in diesem Prozess eingebundenen Unternehmen oder Interessensverbänden gesteuert wird

  • Das lässt sich am Beispiel DOS zeigen: DOS galt als ein Industriestandard für PC-Betriebssysteme; es gab jedoch zur gleichen Zeit verschiedene Ausprägungen des Systems (PC-DOS, MS-DOS, DR-DOS), die untereinander nicht vollständig kompatibel waren

Ein Industriestandard kann von einzelnen Unternehmen gezielt forciert und durch die Marktmacht des Unternehmens durchgesetzt oder durch Absprachen mehrerer Unternehmen geschaffen werden

  • Ziel kann es sein, konkurrierende Standards vom Markt zu verdrängen und sich damit eine Monopolstellung zu verschaffen (z. B. auf Basis eines patentierten, weit verbreiteten Produkts; sog. „produktbasierter Industriestandard“)
  • Es kann aber auch darum gehen, mehrere wichtige Akteure von Beginn einer Entwicklung an zur Nutzung desselben Standards zu motivieren, um Entwicklung- und Vertriebsrisiken für die einzelnen Unternehmen durch Erreichung einer kritischen Masse von Anwendern zu minimieren und untereinander kompatibel zu bleiben
  • Ein Beispiel für das letztere Verfahren ist das Ethernet: Die Ethernet-Spezifikation wurde von drei Unternehmen (DEC, Intel, Xerox) abgesprochen
  • Nachträglich können Industriestandards von Normenorganisationen als Gremienstandards fixiert werden und dadurch eine erhöhte Verbindlichkeit erhalten
  • So wurde das Ethernet später von IEEE und ISO zum internationalen Standard erklärt

Einige bekannte Beispiele für Industriestandards sind:

Siehe auch

Weblinks

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Industriestandard