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Die Richtlinie zur Risikoanalyse sollte gemäß den Vorgaben des Informationssicherheits-managementsystems (siehe BSI-Standard 200-2 IT-Grundschutz Methodik [BSI2]) erstellt werden. Sie muss in regelmäßigen Abständen oder anlassbezogen auf ihre Aktualität hin überprüft und gegebenenfalls orientiert an den Zielen der Institution angepasst werden. Insbesondere sollte auch die eingesetzte | Die Richtlinie zur Risikoanalyse sollte gemäß den Vorgaben des Informationssicherheits-managementsystems (siehe BSI-Standard 200-2 IT-Grundschutz Methodik [BSI2]) erstellt werden. Sie muss in regelmäßigen Abständen oder anlassbezogen auf ihre Aktualität hin überprüft und gegebenenfalls orientiert an den Zielen der Institution angepasst werden. Insbesondere sollte auch die eingesetzte | ||
Vorgehensweise zur Risikoanalyse regelmäßig überprüft werden. Die Richtlinie zur Risikoanalyse muss durch die Institutionsleitung freigegeben werden. | Vorgehensweise zur Risikoanalyse regelmäßig überprüft werden. Die Richtlinie zur Risikoanalyse muss durch die Institutionsleitung freigegeben werden. | ||
== Zielobjekte == | == Zielobjekte == |
Version vom 10. September 2023, 11:14 Uhr
Vorarbeiten zur Risikoanalyse
Bevor die eigentliche Risikoanalyse beginnt, sollten folgende Vorarbeiten abgeschlossen sein, die in der IT-Grundschutz-Methodik gemäß BSI-Standard 200-2 beschrieben sind:
- Es muss ein systematischer Informationssicherheitsprozess initiiert worden sein. Dieser dient dazu, die Aktivitäten im Bereich der Informationssicherheit strukturiert abzuarbeiten. Beispielsweise müssen geeignete Rollen und Aufgaben definiert werden.
- Gemäß Kapitel 3.3 der IT-Grundschutz-Methodik muss ein Geltungsbereich für die Sicherheitskonzeption definiert worden sein. Dieser Geltungsbereich wird im Folgenden als Informationsverbund bezeichnet.
- Für den Informationsverbund sollte eine Strukturanalyse gemäß Kapitel 8.1 der IT-Grundschutz-Methodik durchgeführt worden sein.
- Dadurch werden die wichtigsten Informationen über den Informationsverbund ermittelt, z. B. Geschäftsprozesse, der Netzplan sowie eine Liste der wichtigsten Anwendungen mit Abhängigkeit von den IT-Systemen.
- Anschließend sollte eine Schutzbedarfsfeststellung gemäß Kapitel 8.2 der IT-Grundschutz-Methodik durchgeführt worden sein. Als Ergebnis liegen der Schutzbedarf der Geschäftsprozesse, Anwendungen, IT-Systeme, genutzten Räume sowie eine Liste der kritischen Kommunikationsverbindungen vor. Der Schutzbedarf bezieht sich jeweils auf die Grundwerte Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit und wird nach IT-Grundschutz normalerweise in den Stufen normal, hoch und sehr hoch festgelegt.
- Es sollte eine Modellierung gemäß Kapitel 8.3 der IT-Grundschutz-Methodik und Kapitel 2 des IT-Grundschutz-Kompendiums durchgeführt worden sein. Dabei wird für jedes Zielobjekt im Informationsverbund festgelegt, ob es passende IT-Grundschutz-Bausteine gibt und wie diese anzuwenden sind. Die in den einzelnen Bausteinen genannten Sicherheitsanforderungen und die daraus abgeleiteten Sicherheitsmaßnahmen bilden die Basis für das IT-Grundschutz-Sicherheitskonzept des betrachteten Informationsverbundes.
- Es sollte vor der Risikoanalyse ein IT-Grundschutz-Check gemäß Kapitel 8.4 der IT-Grundschutz-Methodik durchgeführt werden. Dadurch wird festgestellt, welche Basis- und Standard-Sicherheitsanforderungen für den vorliegenden Informationsverbund bereits erfüllt sind und wo noch Defizite bestehen.
- Als Ergebnis der Vorarbeiten liegt eine Liste der Zielobjekte vor, für die eine Risikoanalyse durchgeführt werden sollte („betrachtete Zielobjekte“). Damit diese Aufgabe mit vertretbarem Aufwand geleistet werden kann, ist es wichtig, dass die Zielobjekte – gemäß IT-Grundschutz-Vorgehensweise – sinnvoll zu Gruppen zusammengefasst worden sind.
- Falls trotz Gruppenbildung viele Zielobjekte einer Risikoanalyse unterzogen werden müssen, sollte eine geeignete Priorisierung vorgenommen werden
- Falls für den IT-Grundschutz die Vorgehensweise „Standard-Absicherung“ gewählt wurde, sollten vorrangig die übergeordneten Zielobjekte bearbeitet werden (insbesondere Geschäftsprozesse, Teilverbünde und gesamter Informationsverbund). Aus diesen Arbeiten ergeben sich oft wertvolle Anhaltspunkte für die Risikoanalysen der untergeordneten technischen Zielobjekte.
- Falls für den IT-Grundschutz die Vorgehensweise „Kern-Absicherung“ gewählt wurde, sollten vorrangig die Zielobjekte mit dem höchsten Schutzbedarf bearbeitet werden.
- Falls für den IT-Grundschutz die Vorgehensweise „Basis-Absicherung“ gewählt wurde, werden zunächst keine Risikoanalysen durchgeführt, sondern es werden als Erstes nur die Basis-Anforderungen umgesetzt.
- Von der hier beschriebenen Vorgehensweise kann abgewichen werden.
- Unter Umständen bietet es sich an, eine Risikoanalyse erst nach Erfüllung der IT-Grundschutz-Anforderungen durchzuführen.
- Dies kann beispielsweise bei Zielobjekten sinnvoll sein, die bereits im Einsatz sind und die hinreichend durch IT-Grundschutz-Bausteine dargestellt werden können.
- Als Entscheidungshilfe dazu, nach welchem Schritt eine Risikoanalyse sinnvoll ist, findet sich eine Zusammenstellung der Vor- und Nachteile der möglichen Zeitpunkte in Kapitel 8.5 der IT-Grundschutz-Methodik (siehe [BSI2]).
- Hinweis
- Bei den betrachteten Zielobjekten muss es sich nicht zwangsläufig um systemorientierte Zielobjekte (z. B. Anwendungen, IT-Systeme oder -Räume) handeln. Vielmehr kann die Risikoanalyse auch auf Geschäftsprozessebene durchgeffhrt werden.
- Zu den Vorarbeiten gehört auch, dass die Grundvoraussetzungen für die Risikoanalyse von der Institutionsleitung vorgegeben werden.
Hierzu muss die Leitungsebene eine Richtlinie zum Umgang mit Risiken verabschieden. Diese sollte unter anderem folgende Aspekte umfassen:
- Unter welchen Voraussetzungen muss in jedem Fall eine Risikoanalyse durchgeführt werden?
- Welche Methodik beziehungsweise welcher Standard wird dazu eingesetzt, um die Risiken zu identifizieren, einzuschätzen, zu bewerten und zu behandeln?
- Wie wird die gewählte Methodik auf die speziellen Belange der Institution angepasst?
- Was sind die Risikoakzeptanzkriterien?
- Welche Organisationseinheiten sind für welche Teilaufgaben der Risikoanalyse verantwortlich? Sind Risiken den jeweiligen Risikoeigentümern zugeordnet?
- Auf welche Weise werden Risikoanalysen in den Sicherheitsprozess integriert, geschieht dies beispielsweise vor oder nach Umsetzung der IT-Grundschutz-Anforderungen?
- Welche Berichtspflichten bestehen im Rahmen von Risikoanalysen?
- In welchem Zeitrahmen muss die Risikoanalyse vollständig aktualisiert werden?
- Da die Risikoakzeptanzkriterien einer Institution in entscheidendem Maße von deren Risikoneigung (Risikoappetit) abhängen, kann es sinnvoll sein, auch die Risikoneigung (siehe Kapitel 9) in der Richtlinie zu beschreiben.
- Möglicherweise ist sich eine Institution ihrer eigenen Risikoneigung nicht bewusst oder hat ungenaue Vorstellungen von diesem Begriff. In diesem Fall sollte die Leitungsebene eine Klärung und Entscheidung herbeiführen, gegebenenfalls sollte die Institution hierfür auf externe Experten zurückgreifen.
- Richtlinie zur Risikoanalyse
- Die in der Richtlinie zur Risikoanalyse beschriebenen Vorgaben der Leitungsebene müssen konsequent umgesetzt werden, wenn Risiken bewertet und behandelt werden.
- Zweifelsfälle können auf treten, beispielsweise wenn es bei einem bestimmten Risiko nicht sinnvoll erscheint, die festgelegte Risikoneigung anzuwenden. Solche Ausnahmefälle sollten abgestimmt und dokumentiert werden.
Die Richtlinie zur Risikoanalyse sollte gemäß den Vorgaben des Informationssicherheits-managementsystems (siehe BSI-Standard 200-2 IT-Grundschutz Methodik [BSI2]) erstellt werden. Sie muss in regelmäßigen Abständen oder anlassbezogen auf ihre Aktualität hin überprüft und gegebenenfalls orientiert an den Zielen der Institution angepasst werden. Insbesondere sollte auch die eingesetzte Vorgehensweise zur Risikoanalyse regelmäßig überprüft werden. Die Richtlinie zur Risikoanalyse muss durch die Institutionsleitung freigegeben werden.
Zielobjekte
- Voraussetzung für die Durchführung von Risikoanalysen im Rahmen der Standard-Absicherung
bei der Strukturanalyse die Zielobjekte des Informationsverbundes
- zusammengestellt sind
- deren Schutzbedarf festgestellt ist und
- ihnen bei der Modellierung soweit möglich passende Grundschutz-Bausteine zugeordnet wurden.
- Risikoanalyse für solche Zielobjekte
- hoher oder sehr hoher Schutzbedarf
- mindestens einer der drei Grundwerte (Vertraulichkeit, Integrität oder Verfügbarkeit)
- für die es keinen passenden Grundschutz-Baustein gibt
- die in Einsatzszenarien betrieben werden, die für den Grundschutz untypisch sind.
Bei einer großen Zahl an Zielobjekten, die eines diese Kriterien erfüllen, sollten Sie eine geeignete Priorisierung vornehmen.
- Bei der Vorgehensweise Standard-Absicherung bietet es sich an, zunächst übergeordnete Zielobjekte zu betrachten, etwa den gesamten Informationsverbund, bestimmte Teile des Informationsverbundes oder wichtige Geschäftsprozesse.
- Bei der Kern-Absicherung sollten Sie vorrangig diejenigen Zielobjekte mit dem höchsten Schutzbedarf untersuchen.
Liste der betrachteten Zielobjekte
Beispiel
- Bei der RECPLAST wurde aufgrund der Schutzbedarfsfeststellung und der Modellierung eine Reihe von Zielobjekten ermittelt, für die eine Risikoanalyse durchzuführen ist.
- Dazu gehören unter anderem die folgenden Komponenten
- die Anwendung A002 Lotus Notes, die einen hohen Bedarf an Vertraulichkeit und einen sehr hohen Bedarf an Verfügbarkeit hat,
- die Netzkopplungselemente N001 Router Internet-Anbindung und N002 Firewall Internet-Eingang, beide wegen der Vertraulichkeit der über sie übertragenen Daten,
- der Virtualisierungsserver S007, der in allen drei Grundwerten aufgrund der auf ihm betriebenen virtuellen Systeme einen hohen Schutzbedarf hat,
- die Alarmanlagen S200 an beiden Standorten in Bonn, deren korrektes Funktionieren als sehr wichtig eingestuft und deren Schutzbedarf bezüglich Integrität und Verfügbarkeit folglich mit „sehr hoch“ bewertet wurde.
Nachfolgend werden die einzelnen Schritte der Risikoanalyse am Beispiel des über beide Standorte hinweg redundant ausgelegten Virtualisierungsservers S007 veranschaulicht.
Richtlinie
- Richtlinie zum Umgang mit Risiken
Bevor Sie mit der Durchführung von Risikoanalysen beginnen, sollte die Leitung Ihrer Institution grundlegende Aspekte hierfür in einer Richtlinie zum Umgang mit Risiken festlegen:
- Unter welchen Voraussetzungen ist eine Risikoanalyse erforderlich?
- Mit welchem Verfahren werden Risiken identifiziert, eingeschätzt, bewertet und behandelt und wie ist dieses Verfahren an die Gegebenheiten der Institution angepasst und in den Sicherheitsprozess integriert?
- Welche Organisationseinheiten sind für die verschiedenen Teilaufgaben des Risikomanagements zuständig?
- Wie sind die Berichtspflichten geregelt?
- Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit Risiken akzeptiert werden?
- In welchen zeitlichen Intervallen und bei welchen Ereignissen müssen Risikoanalysen aktualisiert werden?
Diese Richtlinie und die zugehörigen organisatorischen Umsetzungen sollten regelmäßig auf ihre Aktualität und Angemessenheit geprüft werden.