Init/Systeme: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 24. November 2024, 14:55 Uhr

Init-Systeme

Beschreibung

Beim Starten eines Rechners geschehen viele Dinge

BIOS
  • Für viele ist bekannt, dass zuerst das sogenannte BIOS gestartet wird
  • Auf neueren Systemen kommt hingegen UEFI zum Einsatz
  • Beide sind zum Erkennen der installierten Hardware notwendig
Bootloader

Nach diesem Schritt wird der Bootloader gestartet, in der Regel ist GRUB 2 in Gebrauch

Kernel
Init

Nachdem auch dieser Vorgang abgeschlossen ist, folgt der Start des ersten „richtigen“ Prozesses auf einem Unix-System: Das Init-System

  • Aufgabe dieses Init-Systems ist es, das System für den Benutzer in einen brauchbaren und definierten Zustand zu überführen:
  • Ohne dieses würde man nur auf einer Shell sitzen, bei welcher die Übersetzung, Uhrzeit, Netzwerk oder viele andere Sachen fehlen würde
  • Auch ein Mehrbenutzerbetrieb wäre – mangels gestarteter Dienste hierzu – nicht möglich
  • Um diesen definierten Zustand zu erreichen, folgt dieses Init-System bestimmten Regeln, welche beim gängigen SysVinit in Shellskripte niedergeschrieben sind
  • Dazu kommen noch einige Konfigurationsdateien der vielen Dienste, welche man heute auf einem modernen System vorfindet

Entwicklung

Im Laufe der Entwicklung hin zu modernen Unix-Systemen wurde vieles an grundlegender Software immer wieder modernisiert, dazu gehört auch das Init-System, welches für das Starten von Prozessen verantwortlich ist

SysVinit

  • SysVinit ist ein sehr altes System zum Starten von Diensten, denn als Grundlage dient ein Design von 1983
  • Daher gibt es weder Abhängigkeiten, noch Events und so wird dieses System modernen Desktops und Notebooks nicht mehr gerecht
  • Dienste werden hier strikt der Reihe nach gestartet, unabhängig davon, ob diese parallel gestartet werden könnten
  • SysVinit setzt auf viele Skripte, welche in weiten Teilen ähnliche oder sogar gleiche Aufgaben erledigen
  • Häufig benutzte Funktionen wurden aber mit der Zeit auf gemeinsam genutzte Skripte (Includes) ausgelagert, um zumindest im Ansatz dem DRY-Prinzip zu entsprechen
  • Die Skripte können je nach Distribution an unterschiedlichen Orten, zum Beispiel /etc/rc.d oder /etc/init.d, liegen, und auch die Aktivierung und Deaktivierung von Diensten kann abhängig von der Distribution unterschiedlich erfolgen – zum Beispiel durch symbolische Links in /etc/rcX.d oder einem Eintrag in der /etc/rc.conf
  • Für SysVinit ist es nicht zuverlässig möglich, Dienste sauber zu beenden
  • In der Regel wird das Skript entweder einen Prozess anhand seiner gespeicherten Prozess-ID beenden oder aber mit killall alle in Frage kommenden Prozesse beenden
  • Ausnahme hiervon sind Dienste, welche eine eigene Logik zum Beenden haben
  • Ein bekannter Dienst welcher sich beispielsweise nicht sauber beenden lässt, wäre NRPE, der für Monitoring über Nagios oder Icinga benötigt wird

Upstart

Upstart ist eine relativ neue Entwicklung eines Init-Systems

  • Im Gegensatz zu dem nachfolgend beschriebenen systemd, welches mit Abhängigkeiten arbeitet, wird hier alles über Events geregelt
  • Upstart ist der erste Schritt zur Vereinfachung der Init-Skripte, welche nun unter /etc/init liegen
  • Ein weiterer Unterschied ist, dass zum Deaktivieren eines Services die Events im Init-Skript deaktiviert werden müssen (bis Version 1.3)
  • systemd arbeitet hier wie auch schon SysVinit mit Symbolischen Verknüpfungen
  • Upstart greift bei weitem nicht so tief in ein vorhandenes System ein
  • Unter anderem wird auch nicht verlangt Konfigurationen über bestimmte, vorgegebene, Konfigurationsdateien zu erledigen
  • Die Dokumentation wurde vor allem in den letzten Versionen stark ausgebaut
  • Dies war früher ein häufiger Kritikpunkt
  • Upstart wurde neben Ubuntu auch eine Zeit lang von anderen Distributionen wie zum Beispiel Fedora verwendet
  • Viele Entwickler sind aber nicht bereit an Upstart mitzuentwickeln, da Canonical hierzu eine Beitragszustimmung verlangt

OpenRC

Neben systemd, SysVinit und Upstart gibt es auch noch OpenRC, welches häufig bei Gentoo-Systemen verwendet wird

  • OpenRC wird in diesem Artikel der Einfachheit halber nicht weiter beschrieben

Anwendung

Gängige Aktionen

Auf Links wie zum Beispiel start oder stop, welche die Distributionen oft verwenden, haben wir verzichtet

Aktionen im Vergleich
Aktion SysVinit upstart systemd
Dienst starten /etc/init.d/dienstname start initctl start dienstname systemctl start dienstname.service
Dienst aktivieren Symlink in rcX.d Manipulation Job oder Override File systemctl enable dienstname.service
Dienst neustarten /etc/init.d/dienstname restart initctl restart dienstname systemctl restart dienstname.service
Dienst ändern Modifikation des Init-Skripts Modifikation Job oder Override File Überschreiben des Distributorskripts in /etc
Runlevel ändern telinit runlevel telinit runlevel systemctl isolate runlevel.target

Auf den ersten Blick sind so kaum Vorteile ersichtlich, sehen wir uns dies aber mal etwas genauer an:

  1. SysVinit erfordert in jedem Skript eine bestimmte, aber unterschiedliche Logik zum Starten, Neustarten und Beenden des Dienstes
  2. Upstart erfodert zum Aktivieren/Deaktivieren eine Modifikation des Jobs
  3. Upstart erfordert zum Verändern eine Modifikation des Skriptes, welches der Distributor mitliefert. Etwas das normalerweise nur in Ausnahmefällen gemacht werden sollte! Ab Version 1.3 gibt es hierzu auch die Möglichkeit der sogenannten „Override Files“
  4. Weder SysVinit noch Upstart bieten eine zuverlässige Möglichkeit, um unabhängig von der aktuellen Position definiert ein bestimmtes Runlevel zu erreichen

Vergleich

Hierzu einen Dienst bei allen drei Systemen im Vergleich

Ausgewählt wurde hierzu cron, der auf den meisten Systemen zu finden ist

SysVinit

#!/bin/sh
# Start/stop the cron daemon
#
### BEGIN INIT INFO
# Provides:          cron
# Required-Start:    $syslog $time
# Required-Stop:     $syslog $time
# Default-Start:     2 3 4 5
# Default-Stop:      0 1 6
# Short-Description: Regular background program processing daemon
# Description:       cron is a standard UNIX program that runs user-specified
#                    programs at periodic scheduled times. vixie cron adds a
#                    number of features to the basic UNIX cron, including better
#                    security and more powerful configuration options
### END INIT INFO
test -f /usr/sbin/cron || exit 0
#LSBNAMES='-l'  # Uncomment for LSB name support in /etc/cron.d/
. /lib/lsb/init-functions
case "$1" in
start)  log_daemon_msg "Starting periodic command scheduler" "crond"
        start-stop-daemon --start --quiet --pidfile /var/run/crond.pid --name cron --startas /usr/sbin/cron -- $LSBNAMES
        log_end_msg $?
        ;;
stop)   log_daemon_msg "Stopping periodic command scheduler" "crond"
        start-stop-daemon --stop --quiet --pidfile /var/run/crond.pid --name cron
        log_end_msg $?
        ;;
restart) log_daemon_msg "Restarting periodic command scheduler" "crond"
        start-stop-daemon --stop --retry 5 --quiet --pidfile /var/run/crond.pid --name cron
        start-stop-daemon --start --quiet --pidfile /var/run/crond.pid --name cron --startas /usr/sbin/cron -- $LSBNAMES
        log_end_msg $?
        ;;
reload|force-reload) log_daemon_msg "Reloading configuration files for periodic command scheduler" "crond"
        # cron reloads automatically
        log_end_msg 0
        ;;
*)      log_action_msg "Usage: /etc/init.d/cron {start|stop|restart|reload|force-reload}"
        exit 2
        ;;
esac
exit 0

Upstart

# cron - regular background program processing daemon
#
# cron is a standard UNIX program that runs user-specified programs at
# periodic scheduled times
description     "regular background program processing daemon"
start on runlevel [2345]
stop on runlevel [!2345]
expect fork
respawn
exec cron

systemd

[Unit]
 Description=Periodic Command Scheduler
[Service]
 ExecStart=/usr/sbin/crond -n
 ExecReload=/bin/kill -HUP $MAINPID
 Restart=always
[Install]
 WantedBy=multi-user.target

Zusammenfassung

  • Grundlegend machen alle drei Varianten das Gleiche
  • Jedoch ist es bei SysVinit nicht ganz so einfach zu sehen, was genau passiert
  • Cron ist in diesem Fall ein sehr einfaches Beispiel, Dienste wie zum Beispiel postfix haben wesentlich komplexere Init-Skripte, wohingegen die Komplexität von upstart Jobs oder systemd Units nur unwesentlich zunimmt
  • Der upstart-Job wäre, wenn er in /etc/init liegt, schon direkt aktiviert und würde beim Starten des Systems abgearbeitet werden
  • SysVinit und systemd erfordern hierzu Links in /etc/rcX.d (Debian/Ubuntu) beziehungsweise /etc/systemd/system
  • Zur Verwaltung dieser Links gibt es auf einem Debian oder Ubuntu System das Tool update-rc.d
  • Für systemd gibt es systemctl enable dienst.service, welches sich um das Anlegen des Links kümmert
  • Im systemd-Unit wurde hier übrigens definiert, dass cron.service zum Target multi-user.target gehört, das entspricht einem Mehrbenutzerrunlevel im normalen SysVinit ohne grafische Oberfläche
  • Wer jetzt glaubt im grafischen Modus (mit GDM, KDM, ...) keinen cron haben zu können, irrt:
    • Targets können von anderen Targets abhängen und so definiert beispielsweise graphical.target – welches bei den meisten Distributionen der Standard ist – dass doch bitte zuerst multi-user.target gestartet werden möchte
  • Die WantedBy Definition ist übrigens nur ein Vorschlag für systemctl
  • Es ist jederzeit möglich durch eigene Symlinks unterhalb von /etc/systemd/system/ das Verhalten und die Reihenfolge zu modifizieren
  • Unabhängig davon werden jedoch andere Abhängigkeiten der einzelnen Units beachtet
  • Dies führt zum Beispiel immer dazu, dass Avahi gestartet wird, wenn ein Dienst diesen benötigt, unabhängig davon, in welchem Target der Dienst gestartet wird


Anhang

Siehe auch

Links

Weblinks