Rechtliche Rahmenbedingungen der ISMS: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 10. Dezember 2023, 00:03 Uhr
Rechtliche Rahmenbedingungen der Informationssicherheit
Vorschriften und Gesetzesanforderungen
Stellen Sie sich vor …
bei Ihnen gespeicherte Daten gelangen an die Öffentlichkeit
- Daten werden mutwillig oder durch ein Unglück unwiederbringlich zerstört.
- Oder aus Ihrem Haus werden Massen-E-Mails mit Viren verschickt.
Welche Konsequenzen drohen?
dem Unternehmen bzw. der Behörde
- den verantwortlichen Personen
Vorstand haftet persönlich
wenn er Entwicklungen, die zukünftig ein Risiko für das Unternehmen darstellen könnten, nicht durch ein Risikomanagement überwacht und durch geeignete Maßnahmen vorbeugt
§ 91 Abs. 2 und § 93 Abs. 2 AktG
Geschäftsführern einer GmbH
wird im GmbH-Gesetz "die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes„ auferlegt
§ 43 Abs. 1 GmbHG
Im Aktiengesetz genannten Pflichten eines Vorstands
gelten auch im Rahmen des Handelsgesetzbuches
§ 317 Abs. 4 HGB
Handelsgesetzbuch verpflichtet Abschlussprüfer
zu prüfen, "ob die Risiken der künftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind"
§ 317 Abs. 2HGB
Für bestimmte Berufsgruppen
gibt es Sonderregelungen im Strafgesetzbuch
Ärzte
- Rechtsanwälte
- Angehörige sozialer Berufe, ...
Verbraucherschutz
Belange des Verbraucherschutzes werden in verschiedenen Gesetzen behandelt.
Datenschutz
Der Umgang mit personenbezogenen Daten wird in den Datenschutzgesetzen des Bundes und der Länder, dem Gesetz über den Datenschutz bei Telediensten, der Telekommunikations-Datenschutzverordnung sowie teilweise in den bereits aufgezählten Gesetzen geregelt.
Banken
Auch Banken sind inzwischen gezwungen, bei der Kreditvergabe IT-Risiken des Kreditnehmers zu berücksichtigen, was sich unmittelbar auf die angebotenen Konditionen auswirken wird
Rechtliche Einordnung der Informationssicherheit
Recht der Informationssicherheit
Vielzahl von Rechtsgebieten berührt
Allgemeines Zivilrecht
- Datenschutzrecht
- Telekommunikationsrecht
- Urheberrecht
- GmbH-Recht
- Aktien-Recht
Definition des Begriffs „Sicherheit in der Informationstechnik“
BSIG (Gesetz über die Errichtung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik)
- 2 Abs. 2
- Sicherheit in der Informationstechnik im Sinne dieses Gesetzes
- Einhaltung bestimmter Sicherheitsstandards zu Informationen
- Verfügbarkeit
- Unversehrtheit
- Vertraulichkeit
- durch Sicherheitsvorkehrungen
- in und bei der Anwendung
- von informationstechnischen Systemen oder Komponenten
Rechtliche Einordnung der Informationssicherheit
Technische Regelwerke wie z.B. ITSEC
haben zwar keine unmittelbare rechtliche Wirkung
- an zahlreichen Stellen fordert das Gesetz jedochEinhaltung der „allgemein anerkannten Regeln der Technik“
- technische Regelwerken komm im Einzelfall „mittelbarer Gesetzescharakter“ zu
BSI – Gesetz
Informationssicherheitsgesetz
Folgen der NichtbeachtungAnforderungen an Informationssicherheit
Zivilrechtlichen Folgen
Folge keiner oder unzureichender vertraglicher Regelungen
als „Verursacher“
der Nichtbeachtung von Informationssicherheits-Anforderungen
als „Betroffener“
nicht beachteter Informationssicherheits-Anforderungen
Fall 1: Der schlampige Möbelfabrikant
Bei der Einrichtung neuer Arbeitsplätze
stellt der technische Dienstleister Kai Kabel
bei der Möbelfirma „Eiche Nordisch“ mit großem Entsetzen fest
die Hälfte der Auftragsdaten ist wegen Fehlens eines Anti-Virus-Programms mit einem Virus verseucht
- durch einen Hackerangriff ist das gesamte Eiche Nordisch-Vertriebsnetzwerk ausgefallen
- Virus versendet automatisch an alle in Outlook der Mitarbeiter gespeicherten Email-Adressen
In welchem Umfang muss die Firma Eiche Nordisch haften?
Kundenschäden wegen unterbliebener Auftragserledigung
- Ausfallansprüche der Vertriebspartner
- EDV-Kosten der Geschäftspartner
Dies ist eine Frage des Verschuldens
die sich danach bemisst
- ob die Firma Eiche Nordisch die Regeln über die Informationssicherheit erfüllt hat
Hat sie dies getan, so ist ihr kein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen
fehlende Installation eines Anti-Virus-Programms begründet zumindest Mitverschulden
Grundsätzlich besteht keine Pflicht zum Einsatz einer Firewall
wohl aber bei sensiblen Daten (Landgericht Köln)
kein Fahrlässigkeitsvorwurf
bei ordnungsgemäßem Betrieb eines Anti-Virus-Programms
- inkl. Installation von Updates
- selbst verbreitenden Virus
Fall 2: Der schlampige technische Dienstleister
Aufgrund der Umstände im Hause Eiche Nordisch ist Kai Kabel sehr verunsichert
- ihm unterläuft eine Unachtsamkeit, versehentlich
- löscht er sämtliche Adressdaten der Eiche Nordisch-Kunden
Grundsätzlich steht der Firma Eiche Nordisch ein Schadensersatzanspruch gegen Kai Kabe zu
i. d. R. erforderlicher Geldbetrag zur Wiederherstellung
Minderung und Ausschluss des Schadensersatzes
bei Nichtbeachtung der Regeln der Informationssicherheit
ordnungsgemäße Datensicherung erfordert
regelmäßige Sicherung
Überprüfung des Erfolgs der Sicherung
- sichere Aufbewahrung des Backups, ...
Strafrecht
Strafrechtliche Konsequenzen i.d.R. weniger relevant
§ 203 StGB sieht für bestimmte Berufsgruppen
Ärzte, Rechtsanwälte, ... eine Strafbarkeit vor
- wenn vertrauliche Daten öffentlich werden
- aufgrund zu schwacher Sicherheitsvorkehrungen
Die übrigen hier relevanten Straftatbestände
§ 202a - Ausspähen von Daten, § 303b Computersabotage
- betreffen eher Hacker oder Kriminelle als die Organisationsstruktur eines Unternehmens
Rechtliche Bedeutung von Informationssicherheitin drei Bereichen
Prozesssicherheit / Fehlerfreie Produktion
Einhaltung von Qualitätsmanagement DIN- und Qualitätsstandards
Datenschutz
Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Datensicherheit
Unternehmensführung auf valider Datenbasis
Informationssicherheit kann Schadensersatz infolge von Produkthaftung vermeiden
§§ 281 ff., 440, 636 BGB
Schadensersatz statt der Leistung bei fehlerhafter Lieferung
§ 280 I BGB
Mangelfolgeschaden bei Vertrag
§ 823 BGB
Schadensersatz ohne Vertrag
§ 1 ProdHG
Gefährdungshaftung mit Haftungsausschluss-Tatbeständen
Informationssicherheit lässt Verschulden entfallen und ermöglicht Entlastungsbeweis
Auswirkungen von Sorgfalt bei der Informationssicherheit auf Haftungsmaßstäbe
Möglicher Wegfall
Verschulden, d . h. Vorsatz und vor allem Fahrlässigkeit nach §§ 276, 278 BGB als
- Haftungsvoraussetzung bei Schadensersatz nach BGB
Entlastungsbeweis nach § 1 II Nr. 5 ProdHG
weil Informationssicherheit dem Stand der Technik entspricht
Datenschutz
Haftung
Haftung von Geschäftsführern und Vorständen
- Geschäftsführer und Vorstände haften persönlich ihren Gesellschaften gegenüber
- wenn sie vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten verletzen
- §§ 43 Abs. 1 GmbHG, 93 Abs. 1 AktG
- „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes/eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“
- § 92 Abs. 2 AktG
- „... Der Vorstand hat geeignete Maßnahmen, insbesondere ein Überwachungssystem einzurichten, damit den Fortbestand der Gesellschaft gefährdende Entwicklungen früh erkannt werden. ...“
Pflichten von Geschäftsführer und Vorstände
- Geschäftsführer oder Vorstände müssen für angemessenes Niveau an Informationssicherheit sorgen
- Wichtigkeit der Daten
- Sensibilität der Daten
- allgemeine Sicherheitspolitik des Unternehmens
- Benennung eines Informationssicherheits-Beauftragten
- sodass nur eine mangelnde Auswahl oder Überwachung vorgeworfen werden kann
Datensicherheit zur pflichtgemäßen Unternehmensführung
- Unternehmensführung auf valider Datengrundlage
- Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmannes
- Prognosepflichten im Unternehmensrecht
- Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG)
- Lagebericht (§ 289 HGB)
- Risikofrüherkennunngssystem (§ 91 AktG)
Datensicherheit unabdingbar für pflichtgemäße Unternehmensführung
- Erfüllung von Sorgfaltspflichten
- durch valide Datenbasis
- gesichert durch Informationssicherheit
- Geschäftsführer von
- § 93 I AktG
- § 43 I GmbHG
- „Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmannes“
- § 347 I HGB
KonTraG
Vertragsgestaltung
Softwarelizenzen
Penetrationstests
Zusammenfassung
Informationssicherheit sollte aufgrund enormer Haftungsrisiken nicht vernachlässigt werden
Empfehlenswert
regelmäßige Datenspeicherung
- Anti-Virus-Programm (inkl. regelmäßiger Updates)
- Firewall
- ordnungsgemäße Lizenzverwaltung
- Bestellung eines Informationssicherheits- und Softwarebeauftragten
- Aufbau eines Managementsystems für Informationssicherheit