Infrastruktur
Infrastruktur - Anlagen, Institutionen, Strukturen, Systeme und nicht-materiellen Gegebenheiten, die der Daseinsvorsorge und der Wirtschaftsstruktur eines Staates oder seiner Regionen dienen
Beschreibung
Etymologie
Der Begriff tauchte erstmals in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf und bezog sich im Französischen zunächst auf einen Unterbau, auf alle Erdarbeiten zur Urbarmachung der Böden und das Nivellement im Eisenbahnbau Im Englischen beschrieb infrastructure vor allem die immobilen Bauten und Einrichtungen, die der Mobilisierung und Bereithaltung der Heere dienten
- NATO common infrastructure
Auch die NATO common infrastructure bezeichnete 1961 nach einer offiziellen Definition die „Immobilien und Anlagen der Streitkräfte, die der Durchführung der militärischen Operationspläne der NATO dienten“
- Gemeint waren diverse Einrichtungen der militärischen Kommunikation, Logistik und Abschreckung: die Flugstützpunkte, Häfen, Pipelines, Raketenrampen etc
- NATO Infrastructure Programme
Bereits mit der Formulierung des NATO Infrastructure Programme im Dezember 1951 (seit 1993 als NATO Security Investment Programme bezeichnet) wurde Infrastruktur ebenso als Synonym für die Fixkosten im Verteidigungshaushalt verwendet – eine Abstraktion und Bedeutungserweiterung, die die Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftswissenschaft dankbar aufgriffen
- Neben der personalen Infrastruktur, dem Humankapital, umfasst Infrastruktur alle langlebigen Einrichtungen materieller oder institutioneller Art, die das Funktionieren einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft begünstigen
- Materielle und institutionelle Infrastrukturen
- Es wird zwischen materiellen und institutionellen Infrastrukturen unterschieden: Erstere werden von privater Hand geschaffen, letztere vom Staat geplant, erhalten oder gestaltet (Wirtschaftsordnung, Staatsunternehmen und staatliche Investitionen in Infrastruktur)
Öffentliche Infrastruktur
- Arten der öffentlichen Infrastruktur
Technische Infrastruktur
Sektor | Beschreibung |
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Energieversorgung | Elektroenergie, Gasversorgung, Fernwärme, Tankstellennetz |
Kommunikation | Rundfunk, Internet, Festnetz-Telefonie, Mobilfunk, Postwesen |
Stoffliche Ver- und Entsorgung | Müllentsorgung, Abwasser, Wertstoffverwertung, Trinkwasser |
Verkehrsinfrastruktur | öffentlicher Verkehr mit Seeschifffahrt, Binnengewässern (Binnenschifffahrt), Eisenbahnen (Nah- und Fernbahn), Öffentlicher Personenverkehr (ÖPNV und Personenfernverkehr, Fernbus), Luftverkehr (Flughäfen), Straßenverkehr (Straßen), Schiffsverkehr (Wasserstraßen), Navigationsfunksender für Luft- und Seefahrzeuge |
Verkehrsinfrastruktur | Individualverkehr: Verkehrswege, Radwege, Radwanderwege, … |
Finanz- | Banken-, Steuer- und Währungssystem |
Soziale Infrastruktur
Sektor | Beschreibung |
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Bildungssystem | Bildungseinrichtungen mit Bibliotheken, Schulen, Universitäten, Fachhochschulen, Forschungseinrichtungen, … |
Fürsorge-Dienstleistungen | Kinderbetreuungs-Einrichtungen, Waisenhäusern, Altenheimen, Frauenhäusern, Pflegediensten, … |
Gesundheitssystem | Krankenhäusern, Rettungsdiensten |
Kulturelle Einrichtungen | Ausstellungsräumen, Bibliotheken, Museen, … |
Öffentliche Sicherheit | Bevölkerungsschutz, Polizei, Verteidigung, … |
Soziale Sicherung | Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung
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Grün-blaue Infrastruktur
Sektor | Beschreibung |
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natürliche und naturnahe Flächen, Schutzgebiete, Grünbrücken |
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Infrastrukturrecht
Infrastrukturrecht ist das Recht, das sich mit der staatlichen und kommunalen Infrastruktur und der Gewährleistung flächendeckender Angebote der Daseinsvorsorge beschäftigt (Wasser, Abwasser, Energie, Verkehr, Telekommunikation, Post)
- Dabei handelt es sich um ein Querschnittsrecht
- Das heißt, es gibt keinen Gesetzestext, in dem Infrastrukturrecht zentral geregelt wäre
- Bestimmungen des Infrastrukturrechts finden sich daher in
- Beschlüssen der Vergabenachprüfungsinstanzen
- EG-Vertrag (EGV)
- Entscheidungen der Kartellbehörden und der EU-Kommission
- EU-Verordnungen, EU-Richtlinien und EU-Entscheidungen
- EU-Wettbewerbsrecht, EU-Kartellrecht
- EG-Beihilfenrecht
- Freistellungsverordnungen
- Kartellrecht (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen – GWB)
- Rechtsprechung des EuGH (europäischer Gerichtshof)
- Rechtsprechung der Vergabesenate und Kartellsenate des Bundesgerichtshofs (BGH) und der Oberlandesgerichte
- Sektorspezifischen Fachgesetzen: Energiewirtschaftsgesetz, Allgemeines Eisenbahngesetz, Telekommunikationsgesetz, Postgesetz
- Vergaberecht (GWB, Vergabeverordnungen – VgV
- Verfassungen, etwa das deutsche Grundgesetz (GG)
- Wettbewerbsrecht (GWB, Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb – UWG))
Im Infrastrukturrecht sind insbesondere folgende Aspekte von Bedeutung
- Ausschreibungspflicht
- Berechtigung zum Erheben von Maut und Gebühr (Beleihung)
- Durchleitungsentgelte
- Erhebung von Erschließungsbeträgen/Erschließungsgebühren
- Gebührenhöhe, Mauthöhe
- Gemeinsame Nutzung (ggf. Finanzierung) von Infrastruktureinrichtungen
- Offener und diskriminierungsfreier Netzzugang
- Missbrauch marktbeherrschender Stellung
- Privatfinanzierung staatlicher und kommunaler Infrastruktur
- Vermeidung von Doppelbelastungen für Nutzer/Bürger
Die herausragende Bedeutung des Infrastrukturrechts beruht auf der großen Bedeutung staatlicher und kommunaler Infrastruktur
Nichtstaatliche Infrastrukturinvestitionen
Infrastrukturinvestitionen sind Kapitalanlagen in Unternehmen, die die Netzwerke und Einrichtungen zur Grundversorgung von Haushalten und Unternehmen besitzen oder betreiben
- Diese werden teilweise auch über spezialisierte Infrastrukturfonds getätigt
- Investitionen in die Infrastruktur sind häufig Kooperationen zwischen öffentlichem und privatem Sektor im Rahmen einer Öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP)
- Nichtstaatliche Investoren erwerben das Eigentum an einer Infrastruktureinrichtung, wie z. B. einer Mautstraße oder einem Pipeline-Netz
- Dies geschieht im Rahmen von Privatisierungen, Verkäufen von privat gehaltenen Unternehmen oder durch die Errichtung und den daran anschließenden Betrieb
- Bei einer ÖPP befinden sich üblicherweise die in der Infrastruktur gebundenen Vermögenswerte nicht mehr im Staatseigentum, sondern im Eigentum nichtstaatlicher Investoren
- Je nach individuellem Konstrukt erbringt der Staat weiterhin die infrastrukturelle Dienstleistung oder tritt diese – zeitweise oder für immer – an nichtstaatliche Investoren ab
Die ökonomische Infrastruktur charakterisiert sich dadurch, dass der Empfänger bereit ist, für die neu geschaffenen Dienstleistungen zu bezahlen
- Die Leistung wird der Allgemeinheit typischerweise gegen Entgelt zur Verfügung gestellt
Die soziale Infrastruktur besteht aus Leistungen und Einrichtungen mit starken positiven externen Effekten, die als freie oder subventionierte Güter der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden
Charakteristische Merkmale von Infrastrukturinvestitionen
Als Investor ist es schwer, direkten Zugriff zu Investitionsobjekten zu bekommen, da die Eintrittsbarrieren hoch sind
- Es entsteht ein hoher Kapitalbedarf, bevor die Investitionen Cash Flows abwerfen
- Infrastrukturinvestoren operieren zudem in einem hoch regulierten Umfeld, dies erfordert fachspezifische Expertise der Manager
- Der hohe Platzbedarf ist eine weitere Eintrittsbarriere, da dieser besonders in urbanen Räumen oft knapp ist
- Im Infrastrukturbereich stehen nicht marktmäßige Entscheidungsmechanismen auf der Tagesordnung, da häufig ein monopolistisches oder oligopolistisches Marktumfeld vorliegt
- Der Verbraucher hat häufig keinen Einfluss auf die Preisbildung, da keine Ersatzgüter zur Verfügung stehen
- Infrastrukturanlagen stellen eine unverzichtbare Basisleistung für eine Gesellschaft dar
- Besonders interessant scheinen Infrastrukturinvestitionen aufgrund der Performance-Merkmale zu sein
- Bei relativ geringem Portfoliorisiko (gemessen an der Volatilität) kann mit einer Investition ein langfristiger, regelmäßiger und gut kalkulierbarer Cash Flow erwirtschaftet werden
- Die Erträge stellen sich als gut kalkulierbar dar, da häufig sehr lange Konzessionen mit sehr solventen Schuldnern (Mietern), häufig dem Staat, geschlossen werden
- Diese Konzessionen sind häufig von 25 bis 99 Jahren vereinbart
- Es wird zudem eine geringe und unelastische Nachfrage nach den Leistungen unterstellt, da die Verbraucher auf die Einrichtungen angewiesen sind
- Daher spielen auch Konjunkturzyklen nur eine untergeordnete Rolle bei einer Investitionsentscheidung
- Infrastrukturinvestitionen korrelieren nur in geringem Maße zu anderen Anlageklassen und weisen eine geringere Volatilität auf
- Problematisch ist bei einer Investition in die Infrastruktur, dass diese nur einer interessanten Renditeerwartung gerecht wird, wenn ein hoher Fremdkapitalanteil in die Finanzierung eingebracht wird
Forschungsinfrastruktur
Als Forschungsinfrastrukturen werden diejenigen Einrichtungen, Ressourcen und Dienstleistungen verstanden, die speziell für wissenschaftliche Zwecke errichtet, mittel- oder langfristig bereitgestellt werden und für deren sachgerechte Errichtung, Betrieb und Nutzung spezifische Kompetenzen erforderlich sind
Anhang
Siehe auch
Links
Weblinks