Filesystem Hierarchy Standard

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Filesystem Hierarchy Standard (FHS) - Richtlinie für die Verzeichnisstruktur unter Unix-ähnlichen Betriebssystemen

Beschreibung

Beispiel eines Standard-Stammverzeichnisses

Der Standard richtet sich an Softwareentwickler, Systemintegratoren und Systemadministratoren.

Die Entwicklung dieser Richtlinie begann im August 1993 und war zunächst nur auf Linux bezogen.

  • Zwischenzeitlich trugen einige Entwickler von FreeBSD dazu bei, einen umfassenden Standard für alle Unix-ähnlichen Systeme zu schaffen.
  • Diese Zusammenarbeit wurde im Mai 2011 offiziell eingestellt, nachdem die Linux Foundation das Projekt übernommen hatte.

Derzeit wird dieser Standard nur von Linux-Distributionen verwendet.

Die erste Dokumentation solcher Hierarchie erschien in AT&T UNIX Version 7.

Seit etwa 2011 führen verschiedene, große Distributionen den so genannten Usrmerge (/usr-Merge) durch, welcher mit dem FHS formal per symbolischer Verknüpfung vereinbar ist.

  • Dadurch wird zwar die Systematik des FHS nicht vollständig beibehalten, die Kompatibilität zu bestehenden Programmen ist damit aber weiterhin gewährleistet.
| Maintainer = Linux Foundation
| Hersteller = LSB-Arbeitsgruppe
| Erscheinungsjahr = 1994
| Betriebssystem = Linux
| Website = refspecs.linuxfoundation.org/fhs

Dateikategorien

Der FHS unterscheidet Dateien unter zwei Aspekten
Aspekt Beschreibung
„static“ oder „variable“
  • Als „static“ gelten jene Dateien, die sich ohne den Eingriff eines Systemadministrators nicht ändern.
  • Alle anderen Dateien werden als „variable“ betrachtet.
„shareable“ oder „unshareable“
  • Als „shareable“ gelten jene Dateien, die über ein Rechnernetz von anderen Computern genutzt werden können.
  • Alle anderen Dateien werden als „unshareable“ betrachtet.
Kategorien von Dateien

Aus diesen beiden Aspekten ergeben sich vier Kategorien von Dateien:

  • „static shareable“
  • „static unshareable“
  • „variable shareable“
  • „variable unshareable“

Um Datensicherungen und Bereitstellungen im Rechnernetz effizienter zu gestalten, sieht der FHS vor, keine Dateien unterschiedlicher Kategorie im selben Verzeichnis zu speichern.

Stammverzeichnis

Das Volume, meist in Form einer Partition, des Stammverzeichnisses muss all jene Dateien enthalten, die zum Hochfahren des Betriebssystems und zum Einbinden weiterer Partitionen notwendig sind.

  • Um ein System reparieren zu können, muss sie auch die dazu notwendigen Hilfsmittel enthalten.

Um die Flexibilität und Zuverlässigkeit zu erhöhen, empfiehlt der FHS, Teile der Verzeichnisstruktur in anderen Partitionen anzulegen.

Hauptverzeichnisse

14 Verzeichnisse oder symbolische Verknüpfungen auf Verzeichnisse werden im Stammverzeichnis verlangt:

/bin Binärdateien grundlegender Befehle historisch: „utility programs“ (Dienstprogramme wie Assembler und Compiler)
/boot statische Dateien des Bootloaders historisch: –
/dev Gerätedateien historisch: „devices“ (Geräte wie Festplatten und Systemkonsole)
/etc Host-spezifische Systemkonfiguration historisch: „essential data and dangerous maintenance utilities“ (essenzielle Daten und gefährliche Wartungsprogramme wie passwd)
/lib grundlegende dynamische Bibliotheken und Kernel-Module historisch: „object libraries and other stuff“ (Objektbibliotheken und anderes Material)
/media Einhängepunkt für Wechseldatenträger historisch: –
/mnt für temporär eingehängtes Dateisystem historisch: –
/opt zusätzliche Anwendungsprogramme historisch: –
/run für laufende Prozesse relevante Daten historisch: –
/sbin essenzielle Binärdateien des Systems historisch: –
/srv Daten für Dienste historisch: –
/tmp temporäre Dateien historisch: „temporary files“ (temporäre Dateien, üblicherweise auf schnellem Gerät)
/usr sekundäre Hierarchie historisch: „general-purpose directory“ (Universalverzeichnis, üblicherweise Einhängepunkt eines weiteren Dateisystems)
/var variable Daten historisch: –

Die Verzeichnisse /var sind so konzipiert, dass sie nicht in der Partition des Stammverzeichnisses liegen müssen.

Zusätzliche Verzeichnisse sind erforderlich, wenn entsprechende Untersysteme installiert sind:

/home Benutzerverzeichnisse: Verzeichnisse der Benutzer
/root Benutzerverzeichnis des Root-Kontos
/lib… alternative dynamische Bibliotheken, beispielsweise /lib64 für Multilib-Systeme (Bibliotheken für sowohl einen 32-Bit- als auch einen 64-Bit-Betriebsmodus)

Andere Verzeichnisse sollen im Stammverzeichnis nicht angelegt werden.

  • Anwendungsprogramme sollen keine Dateien im Stammverzeichnis fordern oder anlegen.

/bin

/bin

/boot

/boot

/dev

/dev

/etc

/etc

/home

Benutzerverzeichnisse, optional

Diese Verzeichnisstruktur dient zur Aufnahme der benutzerspezifischen Daten der einzelnen Benutzer des Systems.

  • Der FHS führt dieses Verzeichnis als optional auf, da Unix-Systeme prinzipiell auch ohne Benutzer möglich sind (beispielsweise Server).
  • Alle Benutzer-spezifischen Konfigurationsdateien werden in versteckten Dateien und Verzeichnissen (die einen Punkt als erstes Zeichen des Dateinamens besitzen) unter dem Benutzerverzeichnis /home/$USER/ abgelegt.
  • Diese versteckten Dateien und Verzeichnisse im Benutzerverzeichnis werden oft auch „dot files“ genannt.

/lib

Kernel-Module und dynamische Bibliotheken

Das Verzeichnis modules beinhaltet die oben genannten Kernel-Module, falls diese installiert sind.

/lib<nr>

Alternative Kernel-Module und dynamische Bibliotheken

Multilib

Manche Systeme unterstützen mehrere Binärformate (für unterschiedliche Prozessorarchitekturen bzw. Betriebsmodi), für die jeweils eigene Versionen derselben Bibliothek vorhanden sind.

/media

Einhängepunkte für Wechseldatenträger

Die einzelnen Unterverzeichnisse in /media verschoben.

  • Der Standard sieht folgende Unterverzeichnisse jeweils optional vor:
Gerät Beschreibung
/media/floppy Diskette
/media/cdrom Speichermedium eines optischen Laufwerks (Nur-Lese-Speicher), z. B. eine CD-ROM
/media/cdrecorder Speichermedium eines Brenners
/media/zip Zip-Diskette

Falls ein Gerät mehrmals vorhanden ist, wird das Anhängen einer Ziffer an den Gerätetyp vorgeschlagen.

/mnt

Temporäre Einhängepunkte für Dateisysteme

Das Verzeichnis dient zum kurzzeitigen Einhängen von Fremd-Dateisystemen aller Art.

  • Installationsprogrammen ist die Verwendung des Verzeichnisses /mnt für temporäre Dateien ausdrücklich untersagt.

Traditionell war unter Linux lange das /run/mount

/opt

zusätzliche Softwarepakete

Das Verzeichnis ist für sämtliche optionale, d. h. zusätzlich installierte Software vorgesehen, welche nicht aus zur Distribution gehörenden Paketquellen stammen.

  • Die Pakete müssen in einem Unterverzeichnis mit Namen /opt/<paket>/bin.

/root

Benutzerverzeichnis für Benutzer root, optional

Das Verzeichnis kann das Benutzerverzeichnis für den Benutzer root bilden.

  • Dieses Verzeichnis ist nur eine Empfehlung des FHS.

/run

/var/run unter bestimmten Umständen noch nicht verfügbar war, aber zum Booten benötigt wurde.

/sbin

wichtige Systembefehle

Das Verzeichnis beinhaltet Befehle für die Systemadministration und andere Aufgaben, die nur der Benutzer update.

/srv

Daten, die von Diensten angeboten werden

In diesem Verzeichnis sollen die Daten zu angebotenen Diensten abgelegt werden.

  • Momentan gibt es noch keine Vorschriften darüber, wie die Verzeichnisstruktur in /srv/http verwendet.

/tmp

Temporäre Dateien

Dieses Verzeichnis muss vorhanden sein, weil es Programme gibt, die ihre temporären Dateien in diesem Verzeichnis ablegen.

  • Im FHS wurde dieses Verzeichnis vor allem auch wegen seiner historischen Bedeutung aufgenommen.
  • Das Verzeichnis ist für alle Benutzer zum Schreiben freigegeben und muss ein Sticky Bit haben.

/usr

unix system resources

Ist die zweite wichtige Ebene des Dateisystems.

  • Dieser Bereich kann von mehreren Rechnern gemeinsam verwendet werden (shareable) und enthält dementsprechend keine vom lokalen Rechner abhängigen oder zeitlich variable Inhalte.
  • Diese werden an anderen Stellen des Dateisystems hinterlegt.
Folgende Verzeichnisse müssen in /usr vorhanden sein
Verzeichnis Beschreibung
/usr/bin viele Benutzerbefehle.
  • Dies ist das primäre Verzeichnis für ausführbare Dateien des Systems.
/usr/include Header-Dateien, werden durch Programme eingebunden.
  • Die Header-Dateien enthalten die verschiedenen Include-Dateien mit Prototypdefinitionen.
/usr/lib Bibliotheken.
  • Modularer Programmcode, welcher von verschiedenen Programmen geteilt wird.
/usr/local distributionsunabhängige lokale Hierarchie.
  • Hier kann und soll die lokale Systemadministration Programme und Daten ablegen, die von der entsprechenden Distribution des jeweiligen Systems unabhängig installiert worden sind, wie etwa selbstkompilierte oder unabhängig von der Distribution heruntergeladene Programme und Dateien.
  • Den Installationsmechanismen der betreffenden Distribution ist es ausdrücklich untersagt, diese Verzeichnisstruktur zu berühren.
  • Die Gestaltung der internen Struktur von /usr/local obliegt der lokalen Systemadministration und ist vom FHS nicht vorgegeben.
/usr/sbin weitere, nicht zwingend erforderliche Systembefehle.
  • Diese Systembefehle werden von dem Administrator im Gegensatz zu /sbin nicht während des Bootvorganges verwendet.
/usr/share (von der Architektur unabhängige Daten)
Darüber hinaus können optional die nachfolgenden Verzeichnisse existieren
Verzeichnis Beschreibung
/usr/X11R6 X Window System, Version 11 Release 6
/usr/games Spiele
/usr/lib<nr> alternative Versionen dynamischer Bibliotheken
/usr/src Quellcode

Zur Wahrung der Kompatibilität mit älteren Systemen können symbolische Links für folgende Verzeichnisse angelegt sein:

  • /var/spool
  • /var/tmp
  • /var/lock

/var

Das /run: persistant runtime data), welche im Zuge der Abarbeitung entstehen.

Die folgenden Verzeichnisse, oder symbolische Verknüpfungen zu Verzeichnissen, werden in /var erwartet:

Verzeichnis Beschreibung
/var/cache von Anwendungsprogrammen zwischengespeicherte Daten
/var/lib variable Statusinformationen
/var/lock Verzeichnis für Lock-Dateien zur Prozesssynchronisation
/var/log Verzeichnis für Logdateien
/var/opt variable Daten im Zusammenhang mit /opt
/var/run Daten, welche für laufende Prozesse Bedeutung haben; das Verzeichnis besteht, um Kompatibilität mit Systemen und Software zur gewährleisten, die eine ältere Version der FHS-Spezifikation verwenden, und kann als symbolische Verknüpfung oder bind mount auf /run implementiert werden
/var/spool Verzeichnis für abzuarbeitende Warteschlangen (Druckaufträge, E-Mail-Versandaufträge …)
/var/tmp temporäre Dateien, die über einen Neustart hinweg erhalten bleiben

Aus „historischen“ Gründen existieren noch bei Bedarf die folgenden Verzeichnisse:

  • /var/backups
  • /var/spool/cron zu finden)
  • /var/msgs
  • /var/preserve

Falls die entsprechenden Anwendungen installiert sind, werden noch folgende Verzeichnisse verwendet:

Verzeichnis Beschreibung
/var/account Prozessabrechnungsdaten
/var/crash Systemdumps bei Rechnerabstürzen
/var/games variable Spieldaten
/var/mail Benutzerpostfachdateien (oft als Symlink zu /var/spool/mail)
/var/yp Datenbankdateien des Network Information Service

Usrmerge

Bei der meist mit „Usrmerge“ (für „/usr merge“) oder „merged-usr“ bezeichneten Vereinigung der Verzeichnisse /bin, /sbin und /lib sowie gegebenenfalls /lib32 oder /lib64 bei Multilib-Systemen mit ihren jeweiligen Gegenstücken unter /usr geht die strikte formale Trennung dieser Verzeichnisse gemäß FHS zwar verloren, solange die Verzeichnisse symlinks aufeinander sind, bleibt die Kompatibilität zum FHS allerdings weiterhin bestehen.

  • Dieser „merge“ (dt. für „Vereinigung [der Verzeichnisse]“) wurde von fast allen großen Linux-Distributionen in den 2010er-Jahren durchgeführt.
  • Ob die entsprechenden Dateien nach der Umstellung im relevanten Unterverzeichnis unterhalb von /usr abgelegt werden oder im Wurzelverzeichnis, ist danach ohne Belang.
  • /usr/bin
  • /usr/sbin
  • /usr/lib
  • /usr/lib64

Im Beispiel wird aus /bin ein Symlink auf /usr/bin sowie /sbin auf /usr/sbin; dasselbe gilt für die /usr befinden, widerspricht zwar der im FHS definierten Trennung, die Umstellung ist allerdings für alte („legacy“) wie aktuelle Programme vollständig transparent.

Begründung für die Umstellung ist, neben der Tatsache, dass die Trennung gemäß FHS überflüssig geworden ist, vor allem die Vereinfachung in der Handhabung.

  • So wird nicht nur die Übersichtlich- und Durchsuchbarkeit erhöht, sondern insbesondere auch die Anwendung für Sandboxes und Container vereinfacht.

Nach Solaris Ende 2010 und Fedora 2012 führten auch Arch und Ubuntu den Usrmerge durch.

  • Bei Debian wird seit Version 10 (Buster) ein vereinheitlichtes Dateisystem ausgeliefert und ist voraussichtlich ab Version 13 (Trixie) vollständig umgesetzt.


Anhang

Siehe auch


Links

  1. https://de.wikipedia.org/wiki/Filesystem_Hierarchy_Standard
  2. Filesystem Hierarchy Standard
  3. The Linux Assigned Names And Numbers Authority